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Was sind Gravitationswellen?

Eigentlich ist die Herkunft von Gravitationswellen gar nicht so kompliziert zu verstehen: Wenn sich irgendwo im Universum die Form oder Geschwindigkeit großer Massen verändert, wird der elastische Raum hin- und hergezerrt. Es entstehen Wellen. Das geschieht z.B., wenn zwei schwarze Löcher miteinander verschmelzen. Der Raum wird so in seiner Beschaffenheit verändert. Er wird abwechselnd gedehnt und gequetscht. Diese Veränderung, so die Voraussage Einsteins, breitet sich als Welle aus.

Nun stellt sich die Frage, warum denn noch niemand diese Wellen gefunden hat. Man braucht doch einfach nur Längen messen. Die Antwort ist: Die Veränderungen sind sehr, sehr klein. Tatsächlich würde ein Mensch nur um 1/100.000stel des Durchmessers eines Atomkerns verändert. Doch es gibt dennoch Wissenschaftler, die sich dieser Herausforderung stellen.

Kann man Gravitationswellen messen?


Im Trick sichtbar gemacht: Die auftreffende Gravitationswelle, bewirkt, dass die beiden Messstrecken abwechselnd auseinandergedrückt und zusammengezogen werden.
In Ruthe, 15 Kilometer südlich von Hannover, steht ein ganz außergewöhnliches Experiment mit dem Namen GEO600. Hier soll mit Beginnen der Weltausstellung EXPO2000 eine ganz außergewöhnliche Entdeckung gemacht werden. Der Kern der Forschungsanlage besteht aus zwei 600 meterlangen Röhren. Mit ihnen sollen Gravitationswellen beobachtet werden.

Obwohl von Albert Einstein bereits vor über 80 Jahren vorhergesagt, sind sie bis heute noch nicht direkt gemessen worden. Es gibt jedoch recht deutliche indirekte Anzeichen für ihre Existenz: J. Taylor und R. Hulse erhielten 1993 den Nobelpreis für ihre Beobachtungen der Bahnbewegung eines Neutronen-Doppelsternsystems. Sie konnten mit ihren Radiomessungen zeigen, dass die Umlaufperiode der beiden Körper genau mit der Rate abnimmt, die von der allgemeinen Relativitätstheorie aufgrund des Energieverlustes durch die ab Strahlung von Gravitationswellen vorhergesagt wird.

Schon über 30 Jahre bemühen sich Physiker darum, die extrem schwachen Wellen auf direktem Wege zu finden. Ihr besonderes Problem dabei ist, dass die Gravitationswellen fast unverzerrt Materie durchdringen und nur eine ganz winzige Deformation des Raums verursachen. Damit Gravitationswellen überhaupt gefunden werden können, muss man in der Lage sein, unter einer Vielzahl von irreführenden Störungen die winzige Veränderung von 10-16 cm des Abstands zweier Körper zu messen, die einige Kilometer voneinander entfernt sind.

Der erste Physiker, der die schwachen Wellen messen wollte, war Joseph Weber Anfang der sechziger Jahre. Seit dieser Zeit wurden die Methoden ständig verfeinert und verbessert. Nun steht eine ganz neue Technologie in den Startlöchern. Es sind die so genannten Laserinterferometer. Mit ihnen meinen die Physiker nun endlich empfindlich genug messen zu können, um die schwachen Wellen aus dem Weltraum aufzuspüren.


Die Laseroptik muss staubfrei gehalten werden, deshalb sind Schutzanzüge vorgeschrieben.
Dafür werden zwei zueinander in einem 90-Grad-Winkel stehende Messstrecken von einem Laserstrahl durchlaufen. Trifft nun eine Gravitationswellen auf die Anordnung, dann werden die beiden Strecken abwechselnd auseinandergedrückt und zusammengezogen.

In Wirklichkeit sind es allerdings nur winzige Veränderungen, die bewirken. Die beiden Strahlen sind gerade so eingerichtet, dass sie sich gegenseitig auslöschen. Dieses Phänomen wird Interferenz genannt. Die winzige Veränderung bewirkt nun aber, dass die diese Auslöschung aufgehoben wird.

Gravitationswellen, ein heißes Rennen

GEO600 ist ein Kooperationsprojekt von Briten und Deutschen. Sie wollen die Ersten in der Welt sein, die die Gravitationswellen messen. Ein Forscherteam aus den USA arbeitet jedoch an ganz ähnlichen Experimenten und ist mit den Vorbereitungen fast gleich weit. Weltweit sind derzeit vier solcher großen Laserinterferometer im Bau. Wenn die Forscher aus Hannover die Nase vorn behalten wollen, dürfen sie sich keinen Fehler erlauben. Die optischen Instrumente sind extrem staubempfindlich. Deshalb müssen sie in speziellen Schutzanzügen arbeiten.


Die Optik wird erschütterungssicher in großen Vakuumtanks an Mehrfachpendeln aufgehängt.
Um eine ausreichende Genauigkeit zu erzielen, darf der Laserstrahl auch nicht durch Luft abgelenkt werden. Die wird deshalb aus dem ganzen Röhrensystem abgepumpt. Ein winziges Leck genügt jedoch bereits, um das Vakuum zu zerstören. Das würde die Forscher in ihrem Arbeitsplan um mehrere Wochen zurückzuwerfen.
Die Linsen und Spiegel, mit denen der Laserstrahl geführt wird, sind auch äußerst empfindlich gegenüber Erschütterungen. Selbst die 200 Kilometer entfernte Brandung der Nordsee kann noch stören. Um das zu vermeiden, ist alles an Pendeln aufgehängt.

Trotzdem bleiben noch viele Störsignale übrig, die anschließend per Computer von den Signalen der Gravitationswellen unterschieden werden müssen. Dafür sind enorm lange Messzeiten erforderlich. Wenn sie wirklich Gravitationswellen registrieren wollen, dann müssen sie ein Jahr lang im Schichtbetrieb rund um die Uhr messen. Über die ganze Zeit werden dafür riesige Datenmengen per Richtfunk direkt ins Rechenzentrum übertragen.
Zur Eröffnung der Weltausstellung EXPO wollen die Forscher mit ihren Messungen beginnen. Die Besucher sollen das mitverfolgen können, und vielleicht werden die Forscher ja noch im EXPO-Jahr mit ihrem Experiment Erfolg haben.

Gravitationswellen messen - Wozu?

Der Nachweis von Gravitationswellen wäre für sich allein schon ein Sensation. Er würde jedoch auch noch einen ganz neuen Blick auf das Universum ermöglichen. Denn dessen dunkler Teil, der bisher verborgen geblieben ist, weil er keine elektromagnetischen Wellen aussendet, wäre nun zu beobachten. Z.B. könnte man das Verschmelzen zweier schwarzer Löcher oder sogar den Nachhall des Urknalls selbst beobachten. Bei solchen Phänomenen werden große Massen beschleunigt und genau das ist die Ursache für die Entstehung von Gravitationswellen.

Reinhart Brüning

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(c)  1999 Westdeutscher Rundfunk

Sendedatum: 09.11.1999